Stellungnahme der CDU-Fraktion zum Tagesordnungspunkt 5

02.07.2015

Stellungnahme der CDU-Fraktion zum Tagesordnungspunkt 5 (Zukunftsszenario Sturmflutenwelt „Blanker Hans“) in der Gemeinderatssitzung vom 30.06.2015:

Die CDU-Fraktion hat sich nach umfassender Prüfung und
unter Beachtung externen Sachverstandes entschließen
müssen, die Sturmflutenwelt „Blanker Hans“ als
kommunalbetriebene Einrichtung zum 31.12.2015
einzustellen. Der Bürgermeister wird beauftragt, unverzüglich
geeignete Maßnahmen für eine weitestgehend
privatwirtschaftlich betriebene touristische Nachnutzung des
Gebäudes zu ergreifen.
Die weitere Vorgehensweise in Bezug auf die personellen
Auswirkungen soll zeitnah mit dem Personalamt, Personalrat
und Mitarbeiter/-innen mit dem Ziel erörtert werden,
einvernehmliche Regelungen zu erreichen.
Wir bedauern diese Entscheidung insbesondere im Hinblick
auf die hiervon betroffenen Arbeitsverhältnisse verbunden
mit der Zusage, dass wir alle zumutbaren Entscheidungen mit
tragen werden, um die persönlichen Auswirkungen der
Schließungsentscheidung so sozialverträglich wie möglich zu
gestalten.
Seit jetzt fast 30 Jahren bin ich im kommunalpolitischen
Ehrenamt für unsere Gemeinde tätig. Noch nie hat es eine
vergleichbare Situation gegeben, innerhalb weniger Monate
zwei so einschneidende Entscheidungen treffen zu müssen.
Dieses ändert nichts daran, dass der Entschluss alternativlos
und durch wirtschaftliche Zwänge geboten ist. Hinter den
Erwartungen zurückgebliebene, rückläufige Besucherzahlen
und sich ständig verschlechternde Betriebsergebnisse lassen
auch für die Zukunft steigende Verluste erwarten, die unsere
finanzielle Handlungsfähigkeit in anderen, sehr wichtigen
Bereichen einschränken oder dortige Investitionen unmöglich
machen.
Die erwartenden Einsparungen durch die Aufgabe der
kommunalen Trägerschaft beider Einrichtungen werden sich
etwa in einer Dimension von 2 Mio. EUR bewegen, eben
jenem Betrag, den die Gemeinde bislang jährlich in den
Eigenbetrieb zuschießen musste und der an anderer Stelle für
dringend notwendige Investitionen fehlte.
Insofern hatten wir auch eine Güterabwägung vorzunehmen:
Dieses geschah nicht, wie uns zurecht bei der Vitamaris-
Entscheidung im Dezember vergangenen Jahres vorgeworfen,
unüberlegt und übereilt. Diesmal haben wir uns sehr viel Zeit
genommen und externen Sachverstand eingebunden. Es
begann bereits mit dem Workshop im September 2013, der
Präsentation von drei Alternativmodellen zukünftiger
Nutzung, der Anhörung von Frau Schukat in der Fraktion bis
hin zu den umfangreichen Darlegungen durch Fachleute am
19.06.2015. Über die Ergebnisse hat der Bürgermeister
berichtet. Die einzig attraktive große Lösung mit einem
Investitionsvolumen von rund 5,7 Mio. EUR ist nicht
bezahlbar, nachdem trotz Zugrundelegung maximaler
Zuschüsse etwa 2,5 Mio. EUR von der Gemeinde
aufzubringen wären. Geld, dass wir auf dem Finanzmarkt
aufnehmen müssten, wobei wir eine derartige
Kreditgenehmigung nicht erhalten würden. Die kleine Lösung
– da waren wir uns alle einig – ist unattraktiv und jene der
Weiterführung „wie bisher“ hätte wiederum Verluste von
mindestens 700.000,00 EUR jährlich bedeutet. Seit seiner
Eröffnung betrugen die Verluste weit über 5 Mio. EUR und
unter Berücksichtigung zukünftiger Investitionen, um die
Einrichtung wettbewerbsfähig zu halten, ist der Blanke Hans
schlichtweg nicht mehr bezahlbar. Seine Attraktivität leidet
an einer Vielzahl von großen – durch das Land geförderten -
Konkurrenzeinrichtungen, die Anziehungskraft für Gäste, die
nicht ohnehin schon am Ort sind, ist gering. Das Land hat sich
aus finanzieller Verantwortung und Unterstützung
verabschiedet.
Die Einsparungen durch Wegfall des Defizitausgleichs werden
uns in die Lage versetzen, Büsum weiter zu attraktivieren,
nicht nur für seine Gäste, auch für die Einheimischen.
Niemand von uns möchte einer jungen Familie sagen müssen,
dein Kind muss in einen anderen Ort zur Schule „reisen“, nur
weil es uns nicht gelungen ist, in die Attraktivierung unserer
Schulgebäude zu investieren und so noch mehr Schüler nach
Büsum zu bekommen.

Das eingesparte Geld muss dort ausgegeben werden, wo sich
Menschen aufhalten, wo sie in einer weit größeren Vielzahl
als die Gäste im Blanken Hans erleben können, wie sich dieser
Ort entwickelt. Die Impulse, die von der Neugestaltung der
Deichkante ausgegangen sind, und die wird schon jetzt
spüren, ob in Gästezahlen, auch Veränderung der
Gästestruktur, neue Hotels und Geschäfte, müssen weiter
ausgebaut werden. Büsum muss noch hübscher werden und
als Erlebnisort das Ziel für noch mehr Urlauber und
Tagesgäste sein. Eine Flaniermeile am Fischerkai, ein
Deichdurchbruch am Ostdeich für einen Rundgang zur Kirche
hoch und auch durch die Kirchenstraße und so weiter, hier
gibt es viel zu tun, wo mit eingespartem Geld Effekte erzielbar
sind, die die vom Blanken Hans ausgehenden übersteigen.
Wir müssen uns auf unsere Basics konzentrieren, das
Tafelsilber putzen und dort aufhübschen, wo möglichst viele
etwas davon haben.
Wenn wir in dem Beschluss den Bürgermeister beauftragen,
unverzüglich geeignete Maßnahmen für eine weitestgehend
privatwirtschaftlich betriebene touristische Nachnutzung zu
ergreifen, dann geschieht dies in der Erkenntnis, dass dort
natürlich kein Vakuum entstehen soll. Es muss ein
unattraktiver Leerstand ohne Zwischen- oder Nachnutzung
verhindert werden, eine museale, erlebnisorientierte
Einrichtung und Schlechtwetteralternative benötigen wir
weiterhin.
Nur: Muss und kann dies unbedingt eine Gemeinde leisten
oder sollte sie sich nicht darauf beschränken, kostengünstig
eine Immobilie zur Verfügung zu stellen und dort
Privatbetreibern eine Nutzung zu ermöglichen, die im
Verbund zur Schaffung einer hochinteressanten und
besuchenswerten neuen Einrichtung führen können.

Hier haben der Bürgermeister und auch ich sondierende
Gespräche geführt mit potentiellen Interessenten, die
natürlich so lange nicht zielorientiert weitergeführt und
veröffentlicht werden können, so lange es einer
Grundsatzentscheidung ermangelt, weshalb wir heute eine
Entscheidung treffen müssen.
Im Erdgeschossbereich könnte eine attraktive Ausstellung
besonderer Exponate – ich kann zur Zeit nicht näher darauf
eingehen – Einzug halten, im Bereich der Bahn aufgrund der
baulichen Möglichkeiten eine Kletterhalle entstehen, ähnlich
den Monkey Moves in Stoppelsdorf, Bowlingbahnen oder der
Umzug des Aquariums „Meereswelten“ z. B. wären eine tolle
Sache, und sollten sich nicht ausreichend Privatanbieter –
stets nur zur touristischen Nutzung! – finden, kommt
durchaus die Weiternutzung der Exponate der
Sturmflutenausstellung in Betracht, der Umzug des Museums
am Meer nach dorthin und die Darstellung der Arbeit des
Museumshafenvereins.
Letzterer ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Politik
etwas anschiebt, günstige Rahmenbedingungen schafft und
dann das Ehrenamt durch hervorragendes Engagement so
etwas zustande bekommt wie den Museumshafen. Solches
ehrenamtliches Engagement könnte auch in den Blanken
Hans einziehen.
Und letztlich können jene die tagen oder sich fortbilden
wollen, im zweiten Obergeschoss weiterhin die
Räumlichkeiten nutzen, hierfür bedarf es keinen eigenen
Personalapparates, Buchungen über KTS oder
Gemeindeverwaltung, Fortbildungsangebote durch das
Ehrenamt, Universität und Wirtschaft.
Die Aufgabe der kommunalen Trägerschaft bedeutet also
nicht Kahlschlag, Aufgabe einer witterungsunabhängigen
Unterhaltungseinrichtung, sie bedeutet die Chance zum
Neuanfang mit anderen, überwiegend privatwirtschaftlich
betriebenen touristischen Attraktionen und auch ein
stückweit Stärkung des Wir-Gefühls durch Einbindung
ehrenamtlichen Engagements und damit
Akzeptanzsteigerung.
Mag die Entscheidung insbesondere für die Mitarbeiter hart
und schmerzlich sein, für ihren Protest müssen wir
Verständnis haben… Sie haben jegliche Unterstützung bei der
Bewältigung dieser Situation verdient.
Nur Besserwisser, Pöbler und Leserbriefschreiber sollten sich
überlegen, ob sie nicht ihre Energie vielmehr dazu einsetzen,
wie der Freundeskreis Museum am Meer oder die Aktiven
des Museumshafenvereins an der Gestaltung einer
Nachfolgeeinrichtung und damit der zukünftigen Entwicklung
Büsums mitzuwirken.
Timm Hollmann
-Fraktionsvorsitzender-